Verschiedene Maßnahmen werden gefördert.

Die Maßnahmen ganz konkret


Um das Überleben der Feldhamster zu sichern, werden seit Beginn der Kooperation zur Rettung des Feldhamsters gemeinsam mit Landwirten vielfach erfolgversprechende Maßnahmen organisiert, durchgeführt, finanziert und teilweise von Landwirten auf freiwilliger Basis ohne finanzielle Unterstützung umgesetzt. Zur Information der Öffentlichkeit organisieren die Kooperationspartner Veranstaltungen, veröffentlichen Publikationen und berichten in öffentlichen Medien.


Maßnahmen in der landwirtschaftlichen Praxis

Die Landwirtschaftsbetriebe setzen ihren Möglichkeiten entsprechend eine oder mehrere Schutzmaßnahmen auf ihren Flächen um. Zu ihren Verpflichtungen gehören:  

  • Durchführung des Scheibens abgeernteter Flächen frühestens mindestens zehn Tage nach der Ernte.
  • Ansaat von Blühstreifen aus unterschiedlichsten Pflanzenarten.
  • Getreideanbau mit Ernteverzicht.
  • Luzerne-Anbau.

Neben bereits eingegangenen Verpflichtungen führen mehrere Landwirte freiwillige unentgeltliche Maßnahmen im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten und der jeweiligen Witterungsbedingungen durch: 

  • Möglichst später Stoppelumbruch auf Getreideschlägen.
  • Anbau von Zwischenfrüchten.
  • Verzicht auf das Scheiben abgeernteter Rapsschläge. 

Grundsätzliche Anforderungen an landwirtschaftliche Maßnahmen zugunsten des Feldhamsterschutzes: 

  • Beschränkung der Bodenbearbeitung auf eine Tiefe von höchstens 25 Zentimeter.
  • Verzicht auf Feldarbeiten nach Einbruch der Dämmerung.
Übersicht Maßnahmen für den Feldhamster 2008 bis 2021. | Quelle: LfULG

Getreideanbau mit Ernteverzicht

Eine gute Möglichkeit, dem Hamster zu helfen, sind Streifen mit Ernteverzicht beim Anbau von Getreide. Die bewirtschafteten Ackerstreifen von mehreren Metern Breite werden bei der Ernte ausgespart.

Hamsterstreifen bieten Nahrung und Deckung zugleich. | Foto: Hans-Ulrich Bangert
Hamsterstreifen bieten Nahrung und Deckung zugleich. | Foto: Hans-Ulrich Bangert

Diese Streifen bieten den Tieren Nahrung und Schutz, wenn auf den angrenzenden Flächen ungünstige Bedingungen herrschen. Solche Zeiträume liegen zum Beispiel zwischen Ernte und Deckung der nächsten Kulturart.

Übersicht Hamsterstreifen 2008 bis 2021. | Quelle: LfULG

Luzerne-Anbau

Luzerne bietet Deckung und Nahrung. Anbau 2018 als Hamsterschutzmaßnahme. | Foto: Heike Weidt
Luzerne bietet Deckung und Nahrung. Anbau 2018 als Hamsterschutzmaßnahme. | Foto: Heike Weidt

Zu den besonderen Hamsterleckerbissen zählt Luzerne, ebenso wie Weizen und Hafer. Im Rahmen der sächsischen Kooperation von LaNU, NABU, LPV Nordwestsachsen, LfULG und Regionalbauernverband werden Landwirte auch für solche freiwilligen landwirtschaftlichen Maßnahmen honoriert und nach Möglichkeit wird in der Öffentlichkeit darüber berichtet.

Übersicht Anbau Luzerne 2008 bis 2021. | Quelle: LfULG

Verspäteter Stoppelumbruch

Der Stoppelumbruch wie hier nach nur drei Tagen ist gängige Praxis. | Foto: Ina Ebert
Der Stoppelumbruch wie hier nach nur drei Tagen ist gängige Praxis. | Foto: Ina Ebert

Eine weitere Maßnahme zur Rettung des Feldhamsters ist der verspätete Umbruch der Stoppeln nach Abschluss der Getreideernte in den Sommermonaten. Hier müssen bei der Ernte Stoppeln und Getreidereste verbleiben. Dann bieten diese Flächen den Hamstern Nahrung und zugleich Schutz vor Feinden. Frühestens zehn Tage nach der Ernte werden die Stoppeln umgebrochen. Diese Maßnahme wurde seit Beginn des Projekts in allen Jahren praktiziert, denn sie findet eine große Akzeptanz bei den Bewirtschaftern. Bis zum Jahr 2013 galt auch der verspätete Stoppelumbruch auf Rapsfeldern als Feldhamsterschutz-Maßnahme. Seit 2014 ist eine Ausgleichszahlung nur noch bei verspätetem Umbruch von Getreidefeldern möglich. Auf einigen Flächen wird die Stoppelbearbeitung nach der Ernte nicht vor dem 30. September durchgeführt, dem Feldhamster verbleibt dann viel mehr Zeit, sich für den Winter zu bevorraten. Erstmals konnte diese Maßnahme 2016 auf mehreren Flächen vermittelt werden.

Übersicht verspäteter Stoppelumbruch 2008 bis 2021. | Quelle: LfULG

Blühstreifen

Feldhamster frisst Wildkräuter. | Foto: Bärbel Franzke
Feldhamster frisst Wildkräuter. | Foto: Bärbel Franzke

Feldhamster sind auf gute Deckung und geeignete Nahrung angewiesen. Wildkräuter bieten beides, sogar ganzjährig. Sie sind nicht nur ein Anziehungsmagnet für viele Vogelarten, Insekten und andere Wildtiere, sie können auch Biotope verbinden und die Akzeptanz für das Projekt fördern.

Für das Projektgebiet wurde vielfach die Saatmischung Lebensraum I® mit mehrjährigen ausdauernden Wildkräutern und Stauden aus heimischer Herkunft ausgewählt. Mit der Beimischung von Getreide konnte die Attraktivität der Blühstreifen für den Hamster weiter erhöht werden. Von besonders hoher Bedeutung bei dieser Schutzmaßnahme ist es, dass die Pflanzen Wasser in ihren Organen speichern, ein selten gewordenes, aber Leben rettendes Gut für Feldhamster, besonders in den zurückliegenden trockenen Jahren, in deren Folge es zum weiteren Bestandseinbruch der Feldhamster kam. Diese Flächen unterliegen keinen wirtschaftlichen Zwängen und auf ihnen ist der Einsatz jeglicher Pflanzenschutzmittel  ausgeschlossen.

Übersicht Brache/Blühstreifen 2008 bis 2020. | Quelle: LfULG
Inhalt der Saatmischung Lebensraum I®

Wildkräuter: Gew. Schafgarbe 1,0; Agrimonia eupatoria Kleiner Odermennig 1,0; Anthemis tinctoria Färber-Hundskamille 1,0; Anthriscus sylvestris Wiesen-Kerbel 0,2; Artemisia vulg./campestris Beifuß-Arten 0,2; Barbarea vulgaris Winterkresse 1,0; Carum carvi Wiesen-Kümmel 2,5; Centaurea scabiosa Skabiosen-Flockenblume 0,1; Cerastium holosteoides Gew. Hornkraut 0,1; Cichorium intybus Wegwarte 2,5; Clinopodium vulgare Wirbeldost 0,1; Crepis biennis Wiesen-Pippau 0,7; Daucus carota Wilde Möhre 1,0; Dipsacus fullonum Wilde Karde 1,0; Echium vulgare Natternkopf 0,8; Galium album Weißes Labkraut 0,5; Galium verum Echtes Labkraut 0,5; Heracleum sphondylium Wiesen-Bärenklau 0,4; Hypericum perforatum Tüpfel-Hartheu 0,1; Leucanthemum ircutianum Zahnöhrchen-Margerite 0,5; Malva moschata Moschus-Malve 0,5; Malva sylvestris Wilde Malve 1,0; Oenothera biennis Gemeine Nachtkerze 0,5; Origanum vulgare Gew. Dost 0,1; Pastinaca sativa Pastinak 0,1; Plantago lanceolata Spitz-Wegerich 0,5; Prunella vulgaris Gew. Braunelle 0,4; Reseda luteola Färber-Resede 0,1; Salvia pratensis Wiesen-Salbei 0,5; Sanguisorba minor Kleiner Wiesenknopf 5,8; Silene dioica Rote Lichtnelke 1,0; Silene latifolia subsp. alba Weiße Lichtnelke 1,6; Silene vulgaris Gew. Leimkraut 2,0; Lychnis flos-cuculi Kuckucks-Lichtnelke 0,2; Tanacetum vulgare Rainfarn 0,2; Verbascum lychnitis, nigrum, thapsus Königskerzen-Arten 0,3

Kulturarten: Anethum graveolens Dill 6,0; Borago officinalis Borretsch 7,0; Camelina sativa Acker-Leindotter 1,4; Carthamus tinctorius Färber-Distel 1,4; Coriandrum sativum Echter Koriander 6,4; Fagopyrum esculentum Echter Buchweizen 8,4; Foeniculum vulgare Fenchel 4,9; Guizotia abyssinica Ramtillkraut 1,4; Helianthus annuus Sonnenblume 12,8; Linum usitatissimum Saat-Lein 11,9; Medicago lupulina Hopfenklee 1,4; Medicago sativa Saat-Luzerne 3,5; Petroselinum crispum Petersilie 0,7; Phacelia tanacetifolia Rainfarn-Phazelie 1,4; Trifolium pratense Rot-Klee 1,4


Weitere Strukturelemente in der Landschaft

Feldhecken strukturieren die Landschaft. | Foto: Ina Ebert
Feldhecken strukturieren die Landschaft. | Foto: Ina Ebert

Blühstreifen sind nur ein Teil einer ganzen Reihe möglicher strukturbildender und biotopverbindender Maßnahmen im Hamstergebiet. Auch Feldgehölze, Hecken, Grasraine, Obstbaumreihen und naturnahe Randstreifen an Gewässern können zur Förderung der Artenvielfalt im Hamstergebiet beitragen.

Hecken bieten vielen Feldbewohnern Nahrung, Schatten und Deckung und dem Boden Schutz vor Wind und Erosion. Für den Hamster gilt jedoch, dass er freie Sicht über den Acker braucht. Nahe am Bau gelegene Hecken, Bäume und andere Ansitzwarten können den Hamster zum Opfer von Greifvögeln machen. Trotz alledem: In der Nähe eines Gehölzstreifens wurde 2019 im Hamstergebiet sogar ein Hamsterbau gefunden.


Ausblick

Auch in den kommenden Jahren sind regionale Schutzprogramme und nachhaltige Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den Landwirten dringend notwendig. Die begonnenen Maßnahmen müssen mit großer Kontinuität und in möglichst noch größerem Umfang fortgeführt und auf ihre Effizienz und Akzeptanz geprüft werden. Dabei gilt es, neue Erkenntnisse im Hamsterschutz in anderen Ländern in die Arbeit einzubeziehen. Ob Getreidestreifen, verspäteter Stoppelumbruch oder Blühstreifen: Jede Initiative kann zur Rettung beitragen. 

Feldhamster bei Grebehna. | Foto: Ina Ebert
Feldhamster bei Grebehna. | Foto: Ina Ebert

2019 legte der Arbeitskreis sein weiterentwickeltes Flächenkonzept von Vorrangflächen und weiteren Maßnahmenflächen für den Feldhamsterschutz vor, das als Orientierung bei zukünftigen Planungen berücksichtigt werden kann. Feldhamsterschonflächen (Kernflächen) sollen eine Größe von mindestens fünf Hektar, aber möglichst zehn bis 15 Hektar aufweisen und dauerhaft feldhamsterfreundlich bewirtschaftet werden, unter anderem ist auf den Schlägen generell der verspätete Stoppelumbruch nach der Getreideernte vorgesehen. Streifenförmige Maßnahmenflächen sollen diese Kernflächen umgeben und miteinander verbinden.

Die bisherige Strategie der Feldhamster-Bestandsunterstützung durch regionale Schutzprogramme und nachhaltige Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den Landwirten wird durch die Kooperationspartner fortgeführt und erweitert. Die Fläche der Schutzmaßnahmen wurde im Jahr 2021 um weitere 90 Hektar erhöht und umfasst nun insgesamt fast 20 Prozent der potenziellen Feldhamstervorkommensflächen. Die Maßnahmenflächen konnten hinsichtlich ihres Vegetationsbestandes als sehr günstig für den Feldhamster bewertet werden. Die Flächen mit mehrjährigen hamsterspezifischen Ansaatmischungen sind gut im Vorkommensgebiet verteilt. Als optimale Maßnahme wird derzeit eine kräuterreiche Ansaatmischung mit integriertem Getreidestreifen beurteilt. Positiver Effekt der Maßnahmen ist eine Bestandszunahme der überaus selten gewordenen Vogelarten der Agrar- bzw. Offenlandschaft wie beispielsweise Feldlerche, Rohrammer, Ringeltaube und Bluthänfling.