Umsiedlung von Hamstern in Nordwestsachsen


Vorgeschichte

Anfang August 2001 wurde im Rahmen der letzten Planungen für ein Gewerbegebiet bei Wiedemar im damaligen Landkreis Delitzsch auf einer etwa 16 Hektar großen Ackerfläche das Vorkommen des Feldhamsters in relativ hoher Dichte (durchschnittlich 4,6 Baue/ha, maximal 16 Baue/ha) festgestellt. Es war absehbar, dass bereits die Bauphase (Bodenabtrag und Totalversiegelung während der Überwinterung) im Herbst und Winter 2001/2002 den Tod der Feldhamster zur Folge haben und dass nach der vorgesehenen gewerblichen Bebauung des Geländes dieser Lebensraum für den Feldhamster vollständig und dauerhaft unbewohnbar sein würde. Der Bauträger stellte einen Antrag auf Befreiung von den Verboten des §20f des Bundesnaturschutzgesetzes und einen Antrag auf Umsiedlung einer Teilpopulation des Feldhamsters, dem durch die zuständige Behörde unter Auflagen stattgegeben wurde.

Die Umsiedlung

Zur Aussetzung der gefangenen Tiere wurde eine Fläche gesucht, die noch nicht abgeerntet war, und ein Landwirt, der bereit war, die Umsiedlungsaktion zu gestatten und künftig eine geförderte hamsterfreundliche Bewirtschaftung durchzuführen.

Eine solche von Feldhamstern bereits besiedelte Ausgleichsfläche wurde durch die Untere Naturschutzbehörde wenige Kilometer entfernt gefunden. Innerhalb dieses insgesamt 15 Hektar großen, mit Winterweizen bestellten Feldes wurden zwei Aussetzungsflächen von jeweils 2 Hektar nicht geerntet und die Stoppeln auf dem Rest des Feldes erst Ende September umgebrochen. Eine der Aussetzungsflächen wurde hamstersicher eingezäunt, um Abwanderungen einzuschränken, die zweite Fläche bekam zu Vergleichszwecken keine Umzäunung. Innerhalb der Flächen wurden reichlich 60 cm tiefe Schräglöcher (d = 7 cm) als Unterschlupf für die Tiere vorbereitet und vor dem Aussetzen der einzelnen Tiere vor jeden Eingang 0,5 bis 1 kg Weizenkörner geschüttet sowie etwas Futter in die Röhren gegeben.

Vom 28.8. bis 21.9.2001 wurden 146 Feldhamster gefangen und umgesiedelt, das heißt auf den Aussetzungsflächen in die vorgebohrten Röhren entlassen, die von fast allen Hamstern sofort angenommen wurden. Die Röhren wurden dann mit Lager-Weizen abgedeckt. Kontrollen Anfang Oktober 2001 ergaben, dass die meisten der vorgebohrten Röhren noch als genutzt erkennbar und inzwischen zur Überwinterung von innen verschlossen waren. Teilweise wiesen sie zusätzliche Röhren und große Auswurfhügel auf. Auch völlig neue Baue wurden gefunden. Die Kontrolle des Überwinterungserfolges im Frühjahr 2002 ergab eine Überlebensrate von über 90 Prozent, und die Populationsdichte nahm im Verlauf des Jahres 2002 stark zu (MAMMEN & MAMMEN 2002a, b, MAMMEN et al. 2003). Diese im Spätsommer durchgeführte Umsiedlung ist somit zunächst erfolgreich verlaufen. Wesentlichster Faktor für die weitere Populationsentwicklung der Feldhamster, das heißt für den mittel- und langfristigen Erfolg der Umsiedlung, sind aber die Lebensbedingungen auf der Ansiedlungsfläche, d. h. die Art und Weise der Bewirtschaftung nach der Umsiedlung. Als Ausgleich für den Verlust des Hamsterlebensraumes im Plangebiet wurde und wird die etwa gleich große Ausgleichsfläche hamsterfreundlich bewirtschaftet und der Feldhamsterbestand auf der Ansiedlungsfläche jährlich kontrolliert. Gegebenenfalls werden die Bewirtschaftungsmaßnahmen modifiziert und optimiert (MAMMEN & MAMMEN 2002b, MAMMEN et al. 2003).