Landwirtschaft muss wieder naturverträglich werden, denn die alarmierenden Zeichen dafür, dass die Natur aus dem Takt kommt, mehren sich. Für den dringenden Wandel hat der NABU Forderungen und Empfehlungen formuliert. Wie zukünftige Schutzmaßnahmen für den Feldhamster in Sachsen weitergeführt werden, beschreiben die Partner der Kooperation.
SPACE FOR NATURE: Mehr Platz für Artenvielfalt – mindestens zehn Prozent Betriebsfläche für die Artenvielfalt
MONEY FOR NATURE: Naturschutzleistungen von Europas Landwirt*innen belohnen – mit 15 Milliarden Euro pro Jahr.
CHANGE FOR NATURE: Umbau in der Landwirtschaft fördern – umweltschädigende Subventionen beenden.
Zur Wiederherstellung eines Mindestmaßes an ökologischer Vielfalt in der Agrarlandschaft wurden vom NABU Empfehlungen, die auch dem Feldhamster zugutekommen, zusammengestellt. Wichtig sind:
Mehr zur Biodiversität: „Gutachten zur Situation im Agrarraum Sachsens“.
Grundsätzlich gilt für den Hamster wie für alle anderen Arten der Agrarlandschaft: Ein dauerhaftes Überleben für ihn kann nur gesichert werden, wenn sich die heutige Form der intensiven Landbewirtschaftung in den Ackerbauregionen grundlegend ändert.
Zur Rettung des Feldhamsters ist die Fortführung und Verbesserung der bisher durchgeführten Schutzmaßnahmen ebenso wichtig wie die Entwicklung von weiteren geeigneten Agrarumweltmaßnahmen, die auch die Landwirte in Nordsachsen für den Schutz der Feldhamster begeistern können. In ihrer Summe fördern sie auf den Ackerflächen und deren Randbereichen biologische Vielfalt, die uns in beängstigender Geschwindigkeit verloren geht.
Schon heute sind etwa fünfzig Prozent aller Pflanzen- und Tierarten in Sachsen gefährdet, die alarmierende Entwicklung ist noch immer nicht gestoppt. Die Situation von Arten, die im Offenland bzw. Agrarraum leben, ist besonders kritisch Zu ihnen gehören neben dem Feldhamster auch Feldhase, Rebhuhn, Kiebitz und viele andere. Ohne unverzügliches verantwortungsvolles Handeln droht ihnen allen das gleiche Schicksal, sie werden in absehbarer Zeit aussterben. Auf der anderen Seite bewirtschaften die Landwirte im Feldhamstergebiet sehr ertragreiche Böden entsprechend der aktuellen fachlichen Norm. Maßnahmen für den Hamsterschutz erfordern zusätzlichen Aufwand und führen zu Ertragseinbußen. In mühsamer, jahrelanger Arbeit und allmählich wachsendem Umfang wurden vertragliche Vereinbarungen zu angepasster Ackernutzung auf Teilflächen geschlossen, die einen finanziellen Ausgleich einschließen.
Wegen der prekären Lage des Feldhamsters in Sachsen müssen die bisherigen Maßnahmen der Feldhamsterkooperation nicht nur kontinuierlich, sondern in noch größerem Umfang und mit allen machbaren Mitteln fortgeführt werden, unter Beachtung ihrer Effizienz und Akzeptanz. Dabei gilt es, neue Erkenntnisse und wissenschaftliche Forschungsergebnisse zum Hamsterschutz aus anderen Ländern in die Arbeit einzubeziehen. Ob Getreidestreifen mit Ernteverzicht, verspäteter Stoppelumbruch, Zwischenfrüchte oder Blühstreifen, jede Initiative kann zur Rettung beitragen. Ausreichende Nahrung, biotopverbindende Maßnahmen und dauerhafte Deckungsmöglichkeiten sind für den Feldhamster besonders wichtig. Das 2019 von den Kooperationspartnern weiterentwickelte Flächenkonzept von Vorrangflächen und weiteren Maßnahmenflächen für den Feldhamsterschutz dient dabei als Orientierung bei zukünftigen Planungen. Es könnte der Rettungsanker in letzter Sekunde sein. So sollen dauerhafte Feldhamsterschonflächen (Kernflächen) eine Größe von mindestens 5 Hektar, aber möglichst 10 bis 15 Hektar haben und dauerhaft feldhamsterfreundlich bewirtschaftet werden. Streifenförmige Maßnahmenflächen sollen diese Kernflächen umgeben und miteinander verbinden und auf weiteren Schlägen soll der verspätete Stoppelumbruch nach Getreideanbau praktiziert werden.
Im Jahr 2020 konnten erstmals auf fast 20 Prozent (1.117 ha von ca. 7.000 Hektar, Hamstergebiet inkl. Ortschaften) der potenziellen Feldhamstervorkommensflächen in Sachsen Maßnahmen zum Hamsterschutz umgesetzt werden, so viele wie noch nie seit dem Start der Kooperation 2008. Die Fläche der Schutzmaßnahmen wurde 2021 um weitere 90 Hektar erhöht. Unter den nun auf 1.200 Hektar angewachsenen Flächen befanden sich 860 Hektar mit verspätetem Stoppelumbruch und 125 Hektar mit Brachen und Blühstreifen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob durch diese Schutzmaßnahmen das Aussterben der bedrohten Art doch noch verhindert werden kann.
„Ein wirklicher Feldhamsterschutz erfordert bei Politikern und Naturschützern ein Umdenken. Dringend notwendig sind eine wissenschaftlich orientierte Grundlagenforschung und großräumige Schutzmaßnahmen.“ Rolf Gattermann, ehemaliger Prof. der Zoologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, verstorben 2006”