Der heutige Zustand der Felder ist auch eine Folge verfehlter Agrarpolitik, die im Druck auf Landwirte nach immer höherer Ertragssteigerung, mit dem Verlust an Artenvielfalt, dem Fehlen fairer Preise für die Erzeugnisse und hohem bürokratischen Aufwand durch Vorgaben der EU deutlich wird. Auch die Landwirte im sächsischen Feldhamstergebiet sind davon betroffen. Dabei ist der verantwortungsvolle Umgang mit der Natur, sind gesunde Böden, Struktur- und Artenreichtum ein unverzichtbares Zukunftskapital.
Infolge des Einsatzes verlustarmer Erntetechnik mit unmittelbar folgendem Stoppelumbruch bleibt für den Hamster nur wenig Nahrung übrig. Das Hauptproblem sind jedoch die bei zunehmender Schlaggröße infolge Preisdruck stark eingeengten Fruchtfolgen, der drastische Rückgang des Anbaus von mehrjährigen Kulturen wie Luzerne, der Zwang zum Anbau von Winterkulturen und der wegen der dominierenden Winterfruchtfolge Raps-Weizen-Gerste fehlende Zwischenfruchtanbau. Verstärkt wird diese Entwicklung noch durch großflächigen Energiepflanzenanbau für die Biogasproduktion infolge des Einsatzes der sogenannten grünen Gentechnik. Für das Feldhamstervorkommensgebiet bei Delitzsch ist diese Entwicklung nicht relevant, denn Mais wird infolge des geringen Wasserangebotes selten angebaut und gentechnisch veränderte Pflanzen kommen, bis auf den natürlichen Züchtungsfortschritt, nicht zum Einsatz.
Jede Anbaukultur hat in ihrer speziellen Art zu wachsen, zu reifen und im Zeitraum ihrer Ernte einen anderen Einfluss auf den feldbewohnenden Hamster. In seiner aktiven Zeit etwa zwischen April und Ende September geben ihm abwechslungsreiche Kulturen nicht nur Nahrung, sie bieten auch gute Deckung vor Fressfeinden. Der Anbau besonders hamsterfreundlicher Kulturen wird deshalb finanziell vom Kooperationsprojekt unterstützt.
Auch durch zu tiefes Pflügen, zu DDR-Zeiten noch systematisch betrieben, sind Feldhamster gefährdet, besonders die Jungtiere, da sie sich anfangs noch keine tiefgelegenen eigenen Baue graben. Inzwischen wird nach Möglichkeit pfluglos gearbeitet.
Das direkte Töten durch landwirtschaftliche Maschinen stellt wohl kaum noch eine Gefahr dar, denn die Maschineneinsatzstunden pro Fläche wurden bereits zur Wende stark reduziert.
Dem auf die Ackernutzung angewiesenen Feldhamster bietet jedoch auch eine Fläche, die ganz aus der Bewirtschaftung genommen, also gar nicht mehr von Landwirten bearbeitet wird, schon nach wenigen Jahren keinen Lebensraum mehr.
Durch das Ausbringen schädlicher Agrochemikalien, speziell von Rodentiziden, gerät das biologische Gleichgewicht des landwirtschaftlichen Ökosystems aus den Fugen und im Endeffekt führt dies zu noch mehr Mäusen. Der Einsatz von Rodentiziden mit dem Wirkstoff Zinkphosphid zur Feld- und Erdmausbekämpfung ist in den Vorkommensgebieten des Feldhamsters gesetzlich geregelt. Allerdings hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Anwendungsbestimmungen für fünf Pflanzenschutzmittel Ende 2019 geändert. Bisher war die Anwendung in Vorkommensgebieten des Feldhamsters ganzjährig verboten, mit der Änderung ist die Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten des Feldhamsters nur noch zwischen 1. März und 31. Oktober verboten. (LfULG, Referat Pflanzenschutz)
Natürlich kann Hamsterschutz nicht bedeuten, dass man sich gänzlich von bestimmten Praktiken der modernen Landwirtschaft verabschiedet. So ist zum Beispiel der Einsatz von Großtechnik in großen Agrarräumen zwecks niedriger Arbeitskosten unvermeidlich. Für die Projektregion fällt noch ein anderer Umstand ins Gewicht: Leider fehlt hier die Viehwirtschaft, die aus Kostengründen nach der Wende besonders in diesem Gebiet fast auf null reduziert wurde. Das hat Konsequenzen für die Fruchtfolgeplanung und die Kulturartenzusammensetzung. Die Viehwirtschaft fehlt schmerzhaft auch im Hamsterschutz, weil die für den Hamster günstigen Kulturarten, zum Beispiel Luzerne, keiner wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden können. Es muss möglich sein, in der sächsischen Agrarlandschaft Nischen für den Hamster zu finden, zumal entsprechende Bewirtschaftungspraktiken finanzielle Förderung erfahren.
Früher wurde die Stallhaltung auf Stroh praktiziert. Stalldung brachte man anschließend als Festmist zur Düngung auf den Feldern aus. Viele Bodenorganismen finden darin Nahrung, das ist gut für die Humusbilanz des Bodens. Heutzutage werden Tiere zumeist mit Wasserreinigung bzw. ohne Einstreu in Ställen gehalten. Das Endprodukt der sogenannten Flüssigmisthaltung ist die Gülle. Sie wird regelmäßig auf den Feldern ausgebracht. Auf Dauer verursacht diese Wirtschaftsweise einen großen Verlust an Mikroorganismen im Boden. Selbst der Regenwurm ist nicht mehr so kraftvoll unterwegs und die Humusbildung bleibt auf der Strecke. Für einen Teil der Maßnahmen im Feldhamstergebiet gilt, dass flüssige Wirtschaftsdünger wie Gülle oder Gärreste, ein Abprodukt der Biogasanlagen mit geringem Stickstoffanteil, nur zwischen 15. Oktober und 31. März sowie auf Strohmulch im Sommer unter Beachtung der Düngeverordnung ausgebracht werden dürfen.
Die im Oktober 2020 gefassten Beschlüsse der EU zur Gemeinsamen Agrarpolitik verfehlten ihre Umweltziele deutlich. Sie halten weiterhin an europaweit gültigen ineffizienten, klima- und umweltschädlichen sowie sozial ungerechten Pauschalzahlungen fest. Steuergelder von morgen werden für eine zerstörerische Agrarpolitik von vorgestern verplant. „Hier werden die Chancen unserer Kinder, zukünftig ein gutes Leben mit einer intakten Natur und gesund erzeugten Lebensmitteln zu führen, verbaut", so Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer. Ein Appell geht jedoch auch an die Verbraucher. Sie können viel Gutes für die Erzeuger vor Ort und die Natur bewirken, wenn sie möglichst regional, saisonal und Bio kaufen.
Damit wurde auch ein kleiner Hoffnungsschimmer für die Belohnung von Landwirtinnen und Landwirten für erbrachte Umweltdienstleistungen wie die kleinteilige Ackerbewirtschaftung, die Anlage von Blüh- und Nützlingsstreifen oder die Weidehaltung auf der Agrarministerkonferenz am 25. September 2019 in Weiskirchen zunichte gemacht. Dort hatten die Teilnehmer auf Antrag des sächsischen Umwelt- und Landwirtschaftsministers Wolfram Günther beschlossen, bei der nationalen Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) die Gemeinwohlprämie in die Betrachtung zu nehmen. Der Antrag fand jedoch keine Zustimmung in der EU. PM SMUL: 25.09.2020, Erstveröffentlichung, Agrarministerkonferenz nimmt sächsischen Antrag zur Gemeinwohlprämie auf, Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft